Entgeldfortzahlung
Habe ich im Fall einer vorübergehenden Betriebsstörung oder -schließung Anspruch auf Entgeltfortzahlung?
Im Hinblick auf die Entgeltfortzahlung gilt, dass der Arbeitgeber grundsätzlich weiter zur Entgeltzahlung verpflichtet
bleibt, wenn die Arbeitnehmer arbeitsfähig und arbeitsbereit sind, aber er sie aus Gründen nicht beschäftigen kann, die
in seiner betrieblichen Sphäre liegen (sog. Betriebsrisikolehre, § 615 Satz 3 BGB). Dazu würden etwa Fälle zählen, in
denen es aufgrund von COVID-19-Erkrankungen zu erheblichen Personalausfällen oder Versorgungsengpässen käme, in
deren Folge der Arbeitgeber die Betriebstätigkeit vorübergehend einstellen würde. Die Arbeitnehmer behalten also in
diesen Fällen ihren Entgeltanspruch, auch wenn sie nicht arbeiten können.
Hinweis: Für diese Konstellationen, in denen weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer den Arbeitsausfall zu vertreten
haben, können einzel- oder kollektivvertragliche Vereinbarungen Abweichendes regeln.
Habe ich einen Anspruch auf mein Entgelt, wenn sich die behördliche Infektionsschutzmaßnahme gegen mich
wendet?
Ist der Arbeitnehmer selbst als Betroffener Adressat einer behördlichen Maßnahme, wie z.B. Tätigkeitsverbot oder
Quarantäne, kann er einen Entgeltanspruch gegen seinen Arbeitgeber haben. Aus Sicht des BGH kann in einem solchen
Fall ein vorübergehender, in der Person des Arbeitnehmers liegender Verhinderungsgrund bestehen, der den Arbeitgeber
trotz Wegfalls der Pflicht zur Arbeitsleistung zur Entgeltfortzahlung verpflichtet (§ 616 BGB). Die Dauer der
Entgeltfortzahlung hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (vgl. BGH, Urteil vom 30. November 1978, III ZR 43/77
– nach dieser Entscheidung für höchstens 6 Wochen).
In Fällen, in denen § 616 BGB durch Einzel- oder Tarifvertrag eingeschränkt oder ausgeschlossen ist oder aus anderen
Gründen nicht greift, besteht in vielen Konstellationen ein öffentlich-rechtlicher Entschädigungsanspruch. Personen, die
als Ansteckungsverdächtige auf Anordnung des zuständigen Gesundheitsamts isoliert werden und deshalb einen
Verdienstausfall erleiden, erhalten eine Entschädigung nach § 56 des Infektionsschutzgesetzes. Die Entschädigung
bemisst sich nach dem Verdienstausfall. Für die ersten sechs Wochen wird sie in Höhe des Verdienstausfalls gewährt.
Vom Beginn der siebten Woche an wird sie in Höhe des Krankengeldes gewährt. Arbeitnehmer erhalten von ihrem
Arbeitgeber für die Dauer der Isolierung, längstens für sechs Wochen, eine Entschädigung in Höhe des Nettolohns. Die
ausgezahlten Beträge werden dem Arbeitgeber auf Antrag erstattet. Nach sechs Wochen zahlt der Staat in Höhe des
Krankengeldes weiter. Erkrankte fallen nicht unter diese Entschädigungsregelung, weil diese bereits Lohnfortzahlung im
Krankheitsfall und Krankengeld erhalten.
Kurzarbeitergeld
Kann ein Unternehmen bei Arbeitsausfällen wegen des Coronavirus Kurzarbeitergeld bekommen?
Lieferengpässe, die im Zusammenhang mit dem Corona-Virus entstehen, oder behördliche Betriebsschließungen mit der
Folge, dass die Betriebe ihre Produktion einschränken oder einstellen müssen, können zu einem Anspruch auf
Kurzarbeitergeld für die vom Arbeitsausfall betroffenen Beschäftigten führen.
Betriebe, die Kurzarbeitergeld beantragen möchten, müssen die Kurzarbeit zuvor bei der zuständigen Agentur für Arbeit
anzeigen.
Ob die Voraussetzungen für die Gewährung des Kurzarbeitergelds vorliegen, prüft die zuständige Agentur für Arbeit im
Einzelfall.
Kurzarbeitergeld kann für eine Dauer von bis zu zwölf Monaten bewilligt werden. Kurzarbeitergeld wird in derselben
Höhe wie Arbeitslosengeld bezahlt und beträgt 67 bzw. 60 Prozent der Differenz zwischen dem pauschalierten
Nettoentgelt, das ohne Arbeitsausfall gezahlt worden wäre, und dem pauschaliertem Nettoentgelt aus dem tatsächlich
erhaltenen Arbeitsentgelt.
Nähere Informationen zur Beantragung des Kurzarbeitergeldes sind auf der Homepage der Bundesagentur für Arbeit
unter folgendem Link zu finden: www.arbeitsagentur.de/news/kurzarbeit-wegen-corona-virus
Was passiert, wenn der Arbeitgeber Kurzarbeit angeordnet hat?
Kommt es zu einem Arbeitsausfall mit Entgeltausfall, etwa weil Lieferengpässe infolge des Coronavirus auftreten und der Betrieb in der Folge
nur eingeschränkt oder gar nicht arbeitsfähig ist oder weil ein Betrieb auf behördliche Anordnung schließen muss, so
kommt ein Anspruch der betroffenen Arbeitnehmer auf Kurzarbeitergeld in Betracht.
Kurzarbeitergeld kann für eine Dauer von bis zu zwölf Monaten bewilligt werden. Kurzarbeitergeld wird in derselben
Höhe wie Arbeitslosengeld bezahlt und beträgt 67 bzw. 60 Prozent der Differenz zwischen dem pauschalierten
Nettoentgelt, das ohne Arbeitsausfall gezahlt worden wäre, und dem pauschaliertem Nettoentgelt aus dem tatsächlich
erhaltenen Arbeitsentgelt. Ob die Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld vorliegen, prüft die
zuständige Agentur für Arbeit im Einzelfall.
Rechte und Pflichten bei der Arbeit
Was passiert, wenn der Beschäftigte an COVID-19 erkrankt?
Ist der Beschäftigte infolge einer Infektion mit dem Coronavirus arbeitsunfähig erkrankt und somit an seiner
Arbeitsleistung verhindert, besteht ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für den Zeitraum von sechs
Wochen (§ 3 EFZG). Nach diesem Zeitraum haben gesetzlich Krankenversicherte grundsätzlich Anspruch auf
Krankengeld.
Hat der Beschäftigte einen Anspruch darauf, von zu Hause aus (im Home-Office) zu arbeiten?
Ein gesetzlicher Anspruch, von zu Hause aus zu arbeiten, besteht nicht. Arbeitnehmer können dies jedoch mit ihrem
Arbeitgeber vereinbaren. Die Option kann sich zudem aus einer Betriebsvereinbarung oder einem Tarifvertrag ergeben.
Was passiert, wenn das Kind des Beschäftigten nicht krank ist, aber die Kita/Schule des Kindes (länger) geschlossen wird und der Beschäftigte
keine andere Betreuung für das Kind hat? Muss er Urlaub nehmen?
Ist bei der Schließung der Kita/Schule unter Berücksichtigung des Alters der Kinder eine Betreuung erforderlich, so
müssen die Eltern zunächst alle zumutbaren Anstrengungen zu unternehmen, die Kinderbetreuung anderweitig sicherzustellen (z. B. Betreuung des Kindes durch anderes Elternteil). Kann die erforderliche Kinderbetreuung auch dann
nicht sichergestellt werden, dürfte in der Regel ein Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitnehmers bestehen, da die
Leistungserfüllung unzumutbar sein dürfte (§ 275 Abs. 3 BGB). D. h. in diesen Fällen wird der Arbeitnehmer von der
Pflicht der Leistungserbringung frei; es ist nicht zwingend erforderlich, Urlaub zu nehmen.
Zu beachten ist jedoch, dass bei einem Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitnehmers aus persönlichen
Verhinderungsgründen nur unter engen Voraussetzungen ein Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts bestehen
kann. Ein solcher Entgeltanspruch kann sich aus § 616 BGB für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit ergeben.
Zudem kann der Anspruch aus § 616 BGB durch arbeits- oder tarifvertragliche Vereinbarungen eingeschränkt oder sogar
vollständig ausgeschlossen sein.
Nimmt der Arbeitnehmer Urlaub, erhält er Urlaubsentgelt.
In dieser Situation dürfte es hilfreich sein, zunächst das Gespräch mit dem Arbeitgeber zu suchen.
Was passiert, wenn der Beschäftigte seinen Arbeitsplatz nicht erreichen kann, etwa weil die S- oder U-Bahn nicht fährt?
Kann der Beschäftigte aufgrund von allgemein angeordneten Maßnahmen seinen (unbelasteten) Arbeitsplatz nicht
erreichen und somit seine Arbeitsleistung nicht erbringen, hat er grundsätzlich keinen gesetzlichen Anspruch auf
Zahlung der vereinbarten Vergütung. Denn der Arbeitnehmer trägt das Risiko, dass er zum Betrieb als seinem Arbeitsort
gelangt (sog. Wegerisiko).
Darf ein Beschäftigter der Arbeit fernbleiben, wenn die Kollegen husten?
Ein allgemeines Recht des Arbeitnehmers, bei Ausbruch einer Erkrankungswelle wie COVID-19 der Arbeit fernzubleiben,
gibt es nicht. Für das Eingreifen eines Leistungsverweigerungsrechts wäre es erforderlich, dass ihm die Erbringung
seiner Arbeitsleistung unzumutbar ist (§ 275 Abs. 3 BGB). Eine Unzumutbarkeit ist z.B. dann gegeben, wenn die Arbeit
für den Betroffenen eine erhebliche objektive Gefahr oder zumindest einen ernsthaften objektiv begründeten Verdacht
der Gefährdung für Leib oder Gesundheit darstellt. Das bloße Husten von Kollegen ohne weiteren objektiv begründeten
Verdacht oder Anhaltspunkte für eine Gefahr wird dafür wohl nicht ausreichen.
Darf der Arbeitgeber Überstunden anordnen, wenn viele Kolleginnen und Kollegen krankheitsbedingt ausfallen?
Von Überstunden spricht man, wenn die vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit überschritten wird.
Arbeitnehmer sind grundsätzlich nur dann zur Leistung von Überstunden verpflichtet, wenn sich dies aus einem
Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder einem Arbeitsvertrag ergibt. Es kann jedoch auch eine Nebenpflicht zur
Leistung von Überstunden bestehen, wenn durch die geforderten Überstunden ein sonst dem Arbeitgeber drohender
Schaden, der auf andere Weise nicht abgewendet werden kann, vermieden wird. Dies könnte auch dann der Fall sein,
wenn es beispielsweise aufgrund von COVID-19-Erkrankungen zu erheblichen Personalausfällen kommt.
Besteht keine arbeits- oder kollektivvertragliche Bestimmung über die Bezahlung der Überstunden, kann der
Arbeitnehmer grundsätzlich gem. § 612 BGB die Grundvergütung für die Überstunden verlangen. Der Anspruch auf
Überstundenvergütung setzt voraus, dass die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt oder geduldet wurden
und jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig waren.
Welche Informationen muss der Beschäftigte dem Arbeitgeber seiner Gesundheit betreffend (ggf. auf dessen Nachfrage) geben?
Fragen des Arbeitgebers nach dem Gesundheitszustand eines Arbeitnehmers bedürfen grundsätzlich einer besonderen
Rechtfertigung, da sie nicht unerheblich in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers und dessen Recht auf
informationelle Selbstbestimmung eingreifen. Aus diesem Grund enthalten z. B. ärztliche
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, die den Arbeitgebern vorgelegt werden, auch keine Diagnosen.
Wurde bei einem Arbeitnehmer jedoch eine Erkrankung durch eine Infektion mit dem neuen Coronavirus SARS-CoV-2
festgestellt, kann der Arbeitgeber aber Auskunft hierüber verlangen, damit er seiner Fürsorge- und Schutzpflichten
nachkommen und die gesundheitlichen Belange anderer Arbeitnehmer schützen kann.
Wann muss der Beschäftgte die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen?
Jeder Arbeitnehmer hat seinem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich, d. h.
ohne schuldhaftes Zögern anzuzeigen (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Entgeltfortzahlungsgesetz – EFZG). Dies kann z. B. telefonisch
geschehen. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als 3 Kalendertage ist der Arbeitnehmer verpflichtet, dem Arbeitgeber
spätestens am darauffolgenden Arbeitstag eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit und
deren voraussichtliche Dauer vorzulegen (§ 5 Abs. 1 S. 2 EFZG). Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Vorlage der
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung früher zu verlangen. Allerdings kann der Arbeitgeber die Vorlage auch zu einem
späteren Zeitpunkt verlangen oder vorübergehend darauf verzichten. In der aktuellen Situation wird empfohlen,
Rücksprache zum konkreten Vorgehen mit dem Arbeitgeber zu halten.
Soweit Erkrankte zunächst die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht an ihren Arbeitgeber übermitteln können (z.B.
wegen überlasteter Arztpraxen), kann dem Arbeitgeber die Bescheinigung auch später vorgelegt werden. Gegebenenfalls
Ist der Beschäftigte verpflichtet, Dienstreisen anzutreten und an dienstlichen Veranstaltungen teilnehmen?
Grundsätzlich sind Arbeitnehmer verpflichtet, die arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistungen, wozu auch
Dienstreisen und dienstliche Veranstaltungen zählen, zu erbringen. Allerdings kann ein Leistungsverweigerungsrecht
bestehen, wenn dem Arbeitnehmer die Erbringung seiner Arbeitsleistung unzumutbar ist (§ 275 Abs. 3 BGB). Eine
Unzumutbarkeit ist z. B. dann gegeben, wenn die Arbeit für den Betroffenen eine erhebliche objektive Gefahr oder
zumindest einen ernsthaften objektiv begründeten Verdacht der Gefährdung für Leib oder Gesundheit darstellt. Dies ist
im Einzelfall zu entscheiden. Die bloße Befürchtung, man könne sich mit dem Coronavirus infizieren, dürfte ohne weitere
objektiv begründete Anhaltspunkte nicht ausreichen, um die Teilnahme an einer Dienstreise oder sonstigen dienstlichen
Veranstaltungen zu verweigern.
Welche Verpflichtungen haben Arbeitgeber zum Schutz der Arbeitnehmer? Fällt unter die Gefährdungsbeurteilung
für seine Mitarbeiter*innen auch der Schutz vor ansteckenden Krankheiten?
Der Arbeitgeber hat nach Arbeitsschutzgesetz grundsätzlich die Verpflichtung die Gefahren für die Sicherheit und
Gesundheit für seine Beschäftigten am Arbeitsplatz zu beurteilen (sog. Gefährdungsbeurteilung) und Maßnahmen
hieraus abzuleiten. Im Rahmen der Pandemieplanung (Bevölkerungsschutz) hat der Arbeitgeber ggf. weitere
Maßnahmen zu ermitteln und durchzuführen. Konkrete Hinweise hierzu finden sich zum Beispiel im Nationalen
Pandemieplan auf der Homepage des RKI.
Für den Arbeitsschutz gilt, wenn eine beschäftigte Person aufgrund ihrer Arbeit mit biologischen Arbeitsstoffen umgeht,
ist die Biostoffverordnung anzuwenden (§ 4 BioStoffV). Biostoffe wie Viren, Bakterien etc. müssen in der
Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt werden. Aus den Gefährdungen muss der Arbeitgeber Schutzmaßnahmen für
seine Beschäftigten ableiten und umsetzen. Die Maßnahmen können technisch und organisatorisch sein, wie etwa die
Abtrennung der Arbeitsbereiche oder die Beschränkung der Mitarbeiterzahl. Bei entsprechender Gefährdung hat der
Arbeitgeber außerdem persönliche Schutzausrüstung wie beispielsweise Schutzhandschuhe oder Atemschutz zur
Verfügung zu stellen. Zu den Gefährdungen sind die Beschäftigten über eine Unterweisung allgemein sowie über eine
arbeitsmedizinische Vorsorge individuell zu beraten. Konkretisierungen enthalten beispielsweise die Technische Regel
„Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege“ (TRBA 250) oder der Beschluss 609
„Arbeitsschutz beim Auftreten einer nicht ausreichend impfpräventablen humanen Influenza“, welcher derzeit in der
Prävention von COVID-19 analog Anwendung findet.
Auch in schwierigen Zeiten bieten wir eine kompetente arbeitsrechtliche Beratung und Vertretung. Rufen Sie uns an: 089/2366850.
Quelle: Pressemitteilung bmas.de